Jedes fünfte Unternehmen will künftig sein CRM-System als Software as a Service aus der Cloud beziehen, sagt eine aktuelle Studie. Das ist zu wenig, meint Berit Eigl, Director Customer Management von DEFACTO.
„Daten sind das neue Öl“. Man kann es nicht mehr hören, aber es stimmt. Kundendaten sind das Betriebssystem des Unternehmens der Zukunft. Das gilt zum Beispiel für Marketing und Werbung. Die Debatte um das Sterben der Cookies hat gezeigt, dass es auf Dauer immer weniger Möglichkeiten geben wird, gute Daten potentieller Kunden zu kaufen. Stattdessen müssen eigene Datenpools aufgebaut werden, die man zu Werbezwecken nutzen kann. Das bedient auch die uralte betriebswirtschaftliche Wahrheit, dass es günstiger ist, Bestandskunden von weiteren Käufen zu überzeugen, als Neukunden zu akquirieren.
Aber was machen Unternehmen, denen bislang der Kundenkontakt fehlt, weil sie zum Beispiel indirekt vertreiben? Letztlich sind diese gezwungen, mit kreativen Lösungen mit Kunden in Kontakt zu treten. Kreative Lösungen, das sind Tools auf Websites, wie zum Beispiel ein Konfigurator eines Automobilherstellers. Die Hersteller (OEMs) müssen hier einen permanenten Balanceakt bestehen, um ihre Händlerschaft nicht zu verprellen. Das Schreckgespenst Direct to Consumer ist im Handel omnipräsent.
Und es ist Realität, wie man am Beispiel Adidas erkennen kann. Die Herzogenauracher setzen auf die Kraft der Marke und die Vertriebspower moderner Marketing-Kanäle wie Influencer Marketing. Und dann wird direkt verkauft. Der klassische Sportfachhandel steht längst nicht mehr im primären Fokus, auch, weil er keine Kundendaten liefern kann.
Veränderte Anforderungen an CRM
Rund 75 Prozent der Unternehmen, die an der Studie CRM-Report 2020 teilgenommen haben, nutzen bereits ein CRM-System (Customer Relationship Management). Für den Bericht fragte die Management-Beratung Böcker Ziemen aus St. Augustin 278 Unternehmen jeder Größe und Branche. Viele der Unternehmen setzen sogar zwei oder drei verschiedene CRM-Systeme ein und ein geringer Teil (11 Prozent) verwaltet Kundendaten in Outlook oder Excel.
Spannend ist die Frage, wie sich der Markt für CRM-Systeme aktuell bewegt. Der CRM-Report sagt, dass 64 Prozent der Unternehmen, die ein CRM-System pflegen, aktuell keine Wechselabsicht haben. Ein Viertel der Unternehmen will ein neues System. Und insgesamt 20 Prozent aller Befragten sieht die Zukunft von CRM-Systemen in der Cloud.
64%
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Warum ist das so? Vor allem, weil sich die Anforderungen an CRM in den letzten Jahren stark verändert haben. Auf der einen Seite wollen Unternehmen agiler mit diesen Daten arbeiten – vor allem in Vertrieb und Marketing – und auf der anderen Seite fordern Kunden deutlich mehr Service und Verfügbarkeit. Dabei setzen große Tech-Unternehmen wie Amazon die Standards. Zum Beispiel erwarten die Kunden heute, dass sie digital auch Monate nach einem Kauf noch ein Rechnungsdokument online abrufen können, etwa um ihre Steuererklärung zu machen.
Die veränderte CRM-Konstellation kann man in fünf Punkten skizzieren:
- Notwendigkeit direkter Kundenbeziehung (1st Party): Das gilt nicht nur für Unternehmen, die direkt verkaufen, wie Adidas. Auch für FMCG-Riesen wie Unilever ist der Kundenkontakt essentiell wichtig, um wertvolle Informationen über Marktentwicklungen, die eigenen Produkte und die des Wettbewerbs zu erhalten.
- Gestiegene Kundenbedürfnisse: Nicht nur der Kunde im E-Commerce wünscht sich ein Kundenkonto, in dem er die wichtigsten Kontakte mit einem Anbieter nachvollziehen kann. Das gilt auch für einen Vermieter, der die Nebenkostenabrechnung seiner Immobilie zu Abrechnungszwecken mitunter Jahre nach der Ausstellung des Dokuments benötigt.Darüber hinaus erwarten die Kunden 24/7-Verfügbarkeit bei Standardinformationen und -services. Die Reklamation eines Produktes, die Bestellung einer Ersatzkarte fürs Handy, die Online-Terminvereinbarung. Natürlich muss der Anbieter das nicht rund um die Uhr mit Personal abdecken. Die Online-Systeme schlagen die Brücke.
- Automatisierung und Self Service: Und dieser Brückenschlag darf (teil-)automatisiert funktionieren. Das beginnt schon bei der einfachen Eingangsbestätigung für eine Kontaktanfrage. 2021 ist das kein Job mehr für den Sachbearbeiter. Auch die Weiterleitung der Kontaktaufnahme durch den Kunden an die relevanten Stellen im Haus wird automatisch realisiert. Und zieht ein Kunde um, so bietet ihm das gute (Online-)CRM-System die Möglichkeit an, diesen Ortswechsel selbständig im System zu hinterlegen. Aus eigenem Interesse. Übrigens: Die Verifizierung der Postleitzahl bei einer Adressänderung ist ebenfalls ein automatisierter Micro-Service.
- Zentraler Zugriff auf Kundendaten: Der CRM-Report von Böcker Ziemen skizziert, dass die Zentralisierung der Datenhaltung eine der größten aktuellen Anforderungen für die Unternehmen in Sachen Digitalisierung ist. Im Durchschnitt werden Daten in zwei bis drei Töpfen vorgehalten. Das ist dann kontraproduktiv, wenn die Daten teilweise redundant sind, wenn sie inkonsistent sind und wenn einzelne Abteilungen ihre Daten anderen Unternehmensbereichen gar nicht zur Verfügung stellen und als Silos agieren. Aus Kundenperspektive ist es ein miserables Erlebnis, wenn man in Service-Anrufen immer wieder das Problem und den Fortgang der Kommunikation erklären muss. Angesichts der Fülle an Kunden-Touchpoints führt an einer zentralen Datenhaltung kein Weg vorbei. In der digitalen Werbung gibt es auch bereits den erweiterten Ansatz von CRM nämlich die CDP, die Customer Data Platform. Sie ist in der Lage, nicht nur Kunden individuell anzusprechen, sondern sie kann aus der Masse der Daten (und es werden immer mehr) Häufungen, Kohorten oder Durchschnitte berechnen, die nicht nur operativ sondern vor allem auch strategisch von Bedeutung sind.
- Anbindung an Drittsysteme: Die Idee der CDP wurde vor allem im Hinblick auf digitale Werbekampagnen geboren.„Schicke diese Rabattaktion an alle Kunden, die in den letzten drei Wochen für eine Gesamtsumme von 100 Euro oder mehr gekauft und ihren Wohnort in Baden -Württemberg haben“. Die Erfüllung einer solchen Aufgabe funktioniert auch mit einem CRM-System. Die CDP aber ist so gebaut, dass man einfach nur ein paar Häkchen setzen und Werte ausfüllen muss, um einen solchen Auftrag zu starten. Sie ist darauf ausgelegt, ihre Informationen mit anderen Systemen abzugleichen. Das könnte zum Beispiel das Angebotssystem (Supply Side) eines Verlages sein, über dessen Medien man einen Teil der Zielgruppe erreichen kann. Aber es kann auch eine Wetterdatenbank sein. Und nicht zuletzt müssen wichtige Kerndaten aus dem CRM- oder CDP-System auch an andere Dienste weitergegeben werden, zum Beispiel die Information über die Verfügbarkeit einer Marketing-Einwilligung (Consent) beim einzelnen Kunden. Aber es geht auch eine Nummer einfacher: Jeder Kunde erwartet heute Versandinformationen zu einem bestellten Paket. Die Verknüpfung des CRM in das Online-Tracking von DHL oder Hermes ist trivial, aber ein unverzichtbarer Service.
CRM in der Cloud?
Die hohe und vor allem skalierbare Verfügbarkeit, die Zentralisierung und die Anbindung an Drittsysteme sprechen dafür, dass Cloud-basierte SaaS-Systeme auch für das CRM-Segment die bessere Lösung sind. Aber der CRM-Report sagt auch, dass 45 Prozent aller befragten Unternehmen eine eigens entwickelte Lösung für einen Wettbewerbsvorteil halten.
Ungeachtet der Frage, ob diese Sicht unter Umständen gar nicht der realen Leistungsfähigkeit der Systeme entspricht: sie hat einen wahren Kern. In der Praxis sind große CRM-Systeme vom Stile Salesforce oder Hubspot allerdings so leistungsfähig, dass es nur den wenigsten Unternehmen überhaupt gelingt, deren Funktionsumfang auszuschöpfen. Der Marketing-Tech-Monitor 2021 geht davon aus, dass im Durchschnitt 20 Prozent der Funktionalität genutzt werden.
Also stellt sich für den Unternehmer die Frage, ob er eher in die Weiterbildung seines Personals investiert, bevor er durch seine IT zusätzliche Funktionen programmieren lässt. Beides ist richtig und beides spricht auch nicht gegen eine Cloud-Lösung.
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Der Schlüsselbegriff lautet: Individualisierte Standardlösung. Die Individualisierung sorgt für eine Software, die besser an das Unternehmen angepasst ist und im Zweifel eine höhere Wertschöpfung und somit einen Wettbewerbsvorteil ermöglicht. Die Standardsoftware sorgt dafür, dass man die geballte Entwicklungspower der großen Softwareunternehmen nutzen kann, da die Software permanent aktualisiert wird.
Durch den hohen Verbreitungsgrad der Standardlösungen findet sich auch leichter geschultes Personal. Und im Zweifel kann man sich von einer solchen Lösung leichter lösen, also von einer Eigenentwicklung.
Elf Prozent der von Böcker Ziemen befragten Unternehmen sind zwar voll zufrieden mit ihrer CRM-Software, aber gleichzeitig absolut wechselwillig. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich schnell auf, wenn man an die Entwicklungsgeschwindigkeit der letzten Jahre denkt. Da kann es natürlich passieren, dass sich die Vorzeichen im Markt, beim Kunden oder im eigenen Unternehmen so rasch ändern, dass die gute Lösung vom letzten Jahr den Ballast von heute darstellt.
Oder kann Ihr CRM-System Newsletter an Kunden per WhatsApp verschicken? Und bevor Sie fragen: Nein, das ist nicht verboten. Am 1. Juli hat WhatsApp eine neue Lösung dafür vorgestellt. So schnell kann es gehen.
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